Diagnose
 

Rainer Schöttl, D.D.S. (USA)







Als ich 1985 damit begann, mich auf die Cranio-Mandibuläre Dys-funktion zu spezialisieren, war das ein Gebiet, das die meisten meiner Kollegen mieden. CMD-Patienten galten als zu schwierig und zeitaufwändig.


Seit etlichen Jahren beobachte ich eine „Kommerzialisierung“ dieser Krankheit. Firmen werfen spezi-elle Geräte auf den Markt und es wird immer mehr Werbung ge-trieben. Allein, die CMD verbrei-tet sich davon unbeeindruckt mun-ter weiter!


Es ist auch nicht ein Gerät, oder ein Computerprogramm, was am Ende den Ausschlag gibt. Bei all dem kommt die Erfahrung des Be-handlers und der individuelle Umgang mit dem Patienten oft zu kurz. Mir steht in meiner Praxis eine ungewöhnliche Vielzahl von technischen und diagnostischen Möglichkeiten zur Verfügung. Diese helfen dabei, in bestimmten Fällen Entscheidungen auf der Grundlage besserer Informationen zu fällen. Sie dürfen aber nicht zum Selbstzweck werden!


Ich halte bei der CMD-Therapie wenig von pauschalisierten Vor-gehensweisen oder Dogmen. Jeder Fall ist anders gelagert und es gilt, zusammen mit dem Patienten die individuell beste Strategie zu finden, um von den chronischen Belastungen loszukommen.


Daher bevorzuge ich ein Vorge-hen in Stufen, bei dem am Anfang die Frage steht: „Ist es überhaupt eine CMD“? Danach gilt es, indi-viduelle Zusammenhänge heraus-zuarbeiten, damit die richtigen Partner in die Therapie mit ein-bezogen werden können. Hier sind dann auch die technischen Mög-lichkeiten vorhanden, wenn sie gebraucht werden. Die Behand-lung selbst muss nicht unbedingt ausschließlich durch mich selbst erfolgen, gerne kooperiere ich dabei auch mit Kollegen!

 
 

Die Grundlage der diagnostischen Abläufe in unserer Praxis bildet ein neuromuskuläres Funktionsverständnis. Im Gegensatz zur Gnathologie, die vom Praxisgründer, Dr. Walter Schöttl, in den 70-er und 80-er Jahren propagiert wurde, geht es dabei nicht primär um biomechanische Abläufe in den Kiefergelenken und die Vorstellung, dass diese, oder durch sie definierte Achsen die Bewegung des Unterkiefers definieren.

Wenn wir unseren Mund öffnen, folgt unser Unterkiefer schlicht den Muskelzügen und nicht einer postulierten Scharnierachse in den Kiefergelenken. Wenn wir ihn schließen und zubeißen, gilt es, die Kauflächen unserer Zähne richtig ineinander zu fügen. Die neuromuskuläre Sichtweise ist dabei auf die Anstrengungen gerichtet, welche dieser Vorgang der Muskulatur abfordert, auch wenn er unbewusst und reflektorisch gesteuert abläuft. Es gilt, Kompensationen zu erforschen, die zu chronischen Muskelverspannungen führen und die manchmal auch über die Kieferhaltung hinausgehen und z. B. die Kopfhaltung beeinflussen.

Photometrie

Die Photometrie ist ein einfaches, von mir entwickeltes Verfahren zum Erkennen von muskulo-skelettalen und anatomischen Problemen. Im Prinzip werden dabei einfach genau ausgerichtete Bilder vor einem Hintergrund erstellt, der deren Vermessung am Computer ermöglicht. Zahnärztlich relevante Informationen, die so gewonnen werden, betreffen z. B. aus der Körpermitte abweichende Kieferstellungen, etc.

Sind auch Beckenschiefstände, Skoliosen, oder Blockierungen der HWS erkennbar, können entsprechende Therapeuten gezielt in die Behandlung einbezogen werden.

Berührungslose Bewegungsaufzeichnung

Bei der Magnetkinesiographie wird die Bewegung, bzw. Stellung des Unterkiefers berührungslos über das Feld eines kleinen Magneten abgegriffen, der unterhalb der Zähne im Unterkiefer eingeklebt wird. So werden, statt wie üblich, vom Zahnarzt geführte und künstliche Kieferbewegungen, unverfäl-schte Bewegungen des Patienten aufgezeichnet. Ausgewertet werden dabei Bewegungsausmaß, -symmetrie, sowie der Bewegungsverlauf. Dies kann Hin-weise auf Einschränkungen in den Kiefergelenken, Koordinationsprobleme beim Treffen der Verzahnung und ungünstige Start- bzw. Zielpositionen im Biss ergeben.

Axiografie

Bei der Axiographie gilt das Augenmerk der Bewegung einer imaginären Scharnierachse, die nur durch den Zahnarzt auffindbar ist. In erster Linie dienen diese Messungen von geführten Bewegungen der Einstellung von Artikulatoren nach gnathologischen Gesichtspunkten. Diese spielen heute in meiner Praxis eine untergeordnete Rolle, was auch der Grund dafür ist, dass ich die Axiographie nur noch sehr selten einsetze.

Kauebenen- und Zahnbogenanalysen

Eine schiefe Kauebene ist wie ein schie-fes Fundament. Können die Zahnreihen sich ungestört entwickeln, bildet sich nur selten eine schiefe Kauebene aus. Meist passiert dies, wenn Zähne verloren gehen und Nachbarzähne kippen. Dann wird u. U. die Abstützung auf den Backenzähnen kompromittiert und es bilden sich Störkontakte aus, die bei Kau- und Kieferbewegungen ständig vermieden werden müssen, was im Laufe der Zeit recht anstrengen kann. Nicht selten kommt es aber auch vor, dass bei der Anfertigung von Zahnersatz die Kauebene versehentlich schief gestaltet wird.

Muskelentspannung mit TENS

Chronisch angestrengte Muskulatur verliert nicht selten die Möglichkeit, zu entspannen und wieder loszulassen. Mit einer speziell zu diesem Zweck ent-wickelten niederfrequenten Muskelstimulation kann diese Entspannung meist wiederhergestellt werden. Diagnostisch ist das von großem Wert, weil man dann beobachten kann, wie sich die Kieferstellung dadurch ändert und ob auf bestimmten Zähnen Vorkontakte entstehen, bzw. ob es schwierig wird, auf anderen Zähnen ohne Anstrengung überhaupt noch Kontakt zu finden.

Elektromyografie

Reichen die Beobachtungen durch den diagnostischen Einsatz von TENS nicht aus, so können können Messungen mittels Elektromyographie durch-geführt werden. Prinzipiell lassen sich damit sowohl Restverspannungen in der Ruhe aufdecken, als auch die Fähigkeit einzelner Muskeln zur Kraftentfaltung darstellen. Dadurch ist es auch z. B. möglich, die Auswirkung bestimmter The-rapien auf die Muskulatur zu vergleichen, um sinnvolle Behandlungsstrategien zu entwickeln. Wir können im Bedarfsfall bis zu acht Muskeln gleichzeitig messen.

2-D Bildgebung

Unsere neue Röntgenanlage arbeitet mit der neuesten Generation von hochauflösenden DC (Direct Conversion) Sensoren und der innovativen Sharp Layer Technology, um detailscharfe Schichtaufnahmen zu erstellen, die in ihrer Auflösung Intraoral-Zahnfilmen ebenbürtig sind. Trotz niedriger Strahlendosis kommt so ans Licht, was auf früheren Filmaufnahmen nicht erkennbar war!

3-D Bildgebung

Bei Bedarf können wir Zähne, Kiefer, Kieferhöhlen und Kiefergelenke auch dreidimensional in hoher Detailschärfe abbilden. Der Vorteil dabei ist, dass Überlagerungen entfallen, weil diese Strukturen von allen Seiten und in jedem beliebigen Schnittbild betrachtet werden können. Zahnherde werden so objektiv darstellbar, ebenso, wie Veränderungen in den Kieferhöhlen, oder Probleme mit wurzelgefüllten Zähnen, weil sie nicht von davor liegenden Strukturen verdeckt werden. Gerne erstellen und befunden wir diese Aufnahmen auch für Kollegen!